Was wirklich hinter Henkels Nachhaltigkeits-Initiative steckt
Henkel macht nicht erst seit kurzem auf seine Sustainability Kampagne aufmerksam. Schon seit geraumer Zeit verspricht der Hersteller mit einer nachhaltigen Unternehmenspolitik, klimafreundlichen Alternativen und ressourcenschonenden Herstellungsverfahren aufzuwarten und somit einen großen Schritt in Richtung ethisch-moralisches wirtschaften zu tun. Die Key Facts des bekannten Vollwaschmittelherstellers lesen sich auf den ersten Blick auf jeden Fall sehr vernünftig:
„Unsere Mission ist es, Material aus nachhaltigen Quellen einzusetzen und ein intelligentes Design zu nutzen, um den Kreis zu schließen. […] Bis 2025 streben wir an, dass 100 Prozent unserer Verpackungen recycelbar, wiederverwendbar oder kompostierbar sind und dass der Anteil an recyceltem Kunststoff für Konsumgüterprodukte in Europa auf 35 Prozent steigt.“
Key Facts (Quelle: Henkel)
Die sustainable Propaganda-Maschine läuft auf Hochtouren
Immer wieder verweist Henkel auf seinen Fortschritt im Bereich der nachhaltigen Verpackungsindustrie und rühmt sich mit den hohen Anteilen an wiederverwertetem Material, die der Konzern im vergangenen Jahr einsetzte. Bei weiterer Betrachtung der Unternehmenspolitik wird der vehemente Fingerzeig auf die Recycling Alternativen im eigenen Haus schnell verständlich, denn gleichzeitig verwendet der Konzern für einige Produkte Mikroplastik und Palmöl. Beides Inhaltsstoffe, die dem Verbraucher als auch der Natur erheblichen Schaden zufügen. Der Waschmittel-Riese rühmt sich also mit plastikfreien, wiederverwertbaren Verpackungen, stützt sich bei der Herstellung seiner Kosmetiklinie – Schwarzkopf ist wohl die größte und bekannteste – jedoch auf Mikroplastik.
Warum ist das so?
Mitarbeiter und der Betriebsrat kritisieren immer wieder eine starke Arbeitsbelastung und die Verlagerung von Aufgaben in den osteuropäischen und asiatischen Raum, berichtet das „Handelsblatt“.
(Quelle: Orange bei Handelsblatt 2018.
Aber auch hier hat Henkel bereits eine Antwort parat und der Hersteller beruft sich darauf, die Deckung des Palm(kern)öl-Bedarfs mit ausschließlich zertifizierten und massenbilanzierten Ölen bis 2020 umzusetzen. Entsprechend dem RSPO-Massenbilanzmodell ist eine nachhaltige Bewirtschaftung dann Voraussetzung, ebenso wie die vollständige Rückverfolgbarkeit. (Key Facts, Quelle: Henkel) Ironischerweise gibt es so etwas wie einen „grüne Palmölerzeugung“ gar nicht, weswegen es mehr als zynisch ist, wenn die regenwaldzerstörerischen Produkte auf Palmölbasis als besonders „ökologisch“ verkauft bzw. vermarktet werden. Das ist weder nachhaltig noch Verbraucherfreundlich, sondern letztlich lediglich eine Täuschung des Verbrauchers.
Laut einer Untersuchung von Greenpeace ist in Indonesien keine Branche stärker an der Regenwaldrodung beteiligt als die Palmölindustrie. Sie hat dafür gesorgt, dass dort Tiere wie der Orang-Utan, Waldelefanten und Tiger vom Aussterben bedroht sind. Dessen ungeachtet soll die Ölproduktion bis 2025 auf 40 Millionen Tonnen gesteigert und die Anbaufläche verdoppelt werden. Denn für das Schwellenland ist Palmöl inzwischen das drittwichtigste Exportprodukt.
(Quelle: Spiegel Online 2015)
Aber von Palmöl und Mikroplastik abgesehen sind da ja noch die Tierversuche. Laut Henkel selbst kommen diese nur zur Anwendung, wenn es rechtlich nicht anders möglich ist. Gerade NGO’s haben die Testreihen des Waschmittel- und Kosmetik-Herstellers im Blick. Konkurrenzmarken wie The Body Shop setzt sich bereits seit Jahren gegen Tierversuche ein. Zusammen mit der Non-Profit-Organisation Cruelty Free International starteten sie eine Petitio gegen u.a. die Quälerei von Kaninchen bei der Herstellung von Kosmetika. Innerhalb kurzer Zeit schafften sie es über 8 Millionen Unterschriften zu sammeln. Und auch PETA verweist auf Tierversuchsfreie- Alternativen in der Kosmetikbranche – es geht also doch!
Henkel wiederum beruft sich derweil mit seiner Nachhaltigkeits-Initiative auf einen immensen Forschungsaufwand, der innerhalb des Unternehmens betrieben wird, um zukünftig auf Tierversuche gänzlich verzichten zu können.
Woran liegt das?
Die Gründe dafür sind vielseitig, erklärt Anne Meinert, Fachreferentin gegen Tierversuche bei PETA Deutschland. „Die Gründe, wieso Konzerne noch Tierversuche durchführen und nur schrittweise auf Alternativen umsteigen, sind vielschichtig: Zum einen spielen gesetzliche Vorgaben eine Rolle, zum anderen oft finanzielle Interessen.“ Seit 2013 ist es eigentlich in der EU verboten, Kosmetikartikel mit Tierversuchen zu verkaufen. Auch die Bundesregierung bemüht sich offiziell darum, Tierversuche in der Forschung zu reduzieren. Aber es gibt Schlupflöcher.
(Quelle: Noizz 2018)
Green is the new black!
Gesetzliche Vorgaben spielen also definitiv eine Rolle, aber vielleicht nicht unbedingt in dem Maß, in dem Henkel vorgibt, unter diesen weiterhin an Tierversuche gebunden zu sein. Interessant ist in diesem Kontext die enorme Ausdruckskraft der Sustainability Kampagne, die uns auf YouTube zahlreiche informative, belehrende und stolze wenn auch sehr subjektive Kurz-Clips beschert hat und die Homepage der Online-Präsenz des Waschmittel-Riesens dominiert. Den Besucher erwartet eine harmonische Kulisse mitten im (Regen-)Wald. Fragt sich, ob der nach dem Dreh wohl für die Steigerung der Palmölproduktion abgeholzt wurde?! Umgeben von Bäumen und Sonnenschein wird das Strahlen vielleicht lediglich noch von der strahlenden Reinheit des weißen Shirts der Protagonistin übertroffen. Persil – da weiß man, was man hat. Oder aber von der Reflektion des Lichts in ihrem samten mit Mikroplastik versetzten Shampoo gewaschenem Haar – dank Schwarzkopf! In befreit atmender Pose prangt neben ihr der Banner „Green ist the new black“.
Vielleicht besser: Strahlend weiße Reinheit war gestern – Greenwashing ist heute!
Die ganze Aufmachung der Seite und auch die weiteren Rubriken wirken wie eine Ode an die Natur und lassen nicht wirklich hinter die Plastik verseuchten und von Palmöl durchtränkten Kulissen deuten. Warum auch? Das Kaninchen-Labor muss schließlich auch gut genug versteckt werden. Wobei es ja eigentlich kein Geheimnis mehr ist. Ein Fakt, der auch Henkel nicht entgangen ist. Agenturen, die den Waschmittel-Riesen vertreten, werden bereits zu Beginn für eben diese Themen sensibilisiert. Schließlich stehen am Wochenende gerne mal NGO’s auf der Social Media Matte der Markenpräsenz und bringen Verstecktes ans Licht. Das gilt natürlich nicht nur für Henkel, sondern für alle Kunden, die Dreck am Stecken haben. Schließlich ist man sich der weniger nachhaltig und unethischen als auch rein profitorientierten Unternehmensführung bewusst.
Ablenken statt Rechtfertigen.
Eine interessante Marketing-Strategie. Vielleicht sollte die Kampagne sich lediglich auf die Recycling Komponente stützen und hier ihre maßgeblichen und wahrhaftigen Erfolge kundtun. Gerade Mikroplastik und Palmöl sind in Zeiten des akuten Klimawandels und der immer weiter schwindenden Regenwälder und Aussterben bedrohter Arten von enormer Bedeutung. Ebenso Tierversuche sollten in unserer Zeit, in der wissenschaftliche Möglichkeiten wie nie zuvor gegeben sind, eigentlich keine Rolle mehr spielen.
In diesem Fall hat es nun eben Henkel getroffen, denn traurigerweise ist der Konsumgüter-Hersteller aus Düsseldorf nur eins von vielen Beispielen und reiht sich somit in die Auswüchse vermeintlich grüner Marketing-Strategien ein. Greenwashing ist schon länger das Credo in vielen PR-Agenturen und laut Wikipedia „…eine kritische Bezeichnung für PR-Methoden, die darauf zielen, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt.“
Joah, passt.