Tschau! Grenzen setzen befreit
Manchmal ist Grenzen setzen die einzige Lösung. Aber was so einfach und logisch klingt, kann einem Drahtseilakt gleichen. Grenzen setzen meint auch andere Menschen zu versetzen und sich selbst an erste Stelle zu stellen… Handlungen, die mit Gefühlen der Ablehnung einhergehen – auf allen Seiten.
Die „weibliche“ Sozialisation ist darauf gepolt, anderen zu gefallen und die eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund zu stellen. Dementsprechend würde eine ausgesprochene Ablehnung mit Egoismus gleichgesetzt werden und ein Gefühl der Unliebsamkeit vermitteln. Dabei ist Grenzen setzen ein Akt der Selbst- sowie Nächstenliebe. Wer seine Grenzen kennt, ist sich seiner (emotionalen) Ressourcen bewusst – und kann demnach auch wirklich Hilfe leisten oder macht zumindest keine falschen Versprechungen.
Denn wenn Betroffene eins nicht brauchen, dann Floskeln á la „Ich bin immer für dich da, melde dich einfach!“, die am Ende nicht viel mehr als eine gutgemeinte, dennoch schnell in Vergessenheit geratene Ausrede sind, sich nicht weiter oder nicht wirklich mit dem Leid des Gegenübers beschäftigen zu müssen. Wahre Verbundenheit sieht anders aus!
Über die Jahre hinweg habe ich immer besser verstanden, was meine Eltern mir damit sagen wollten, wenn sie mich darauf hingewiesen haben, dass zwei echte Freund:innen besser sind als 10 Fake-Freund:innen. Was sie damit gemeint haben? Menschen, die mit dir Feste feiern, aber dich fallen lassen, sobald du nicht mehr im Feiermodus bist – ganz einfach runtergebrochen. „Gut-Wetter-Freunde“, wie meine Omi sagen würde… scheinbar kein neues Phänomen, im Gegenteil. Eine Erkenntnis, die die Menschen immer wieder und jede:r für sich machen, und dennoch wirkt es jedes Mal wie ein erleuchtender, fast schon wegweisender Gedanke.
Grenzen setzen, sein Umfeld aussortieren, sein Telefonbuch von Fake-Freund:innen befreien und toxische Verbindungen (auf Social Media) kappen, kann einen überraschenden Einfluss auf die Seele haben! Der Begriff „Seelenhygiene“ gefällt mir in dem Kontext besonders gut, denn so fühlt es sich auch an – wie ein Frühjahrsputz, der einen mit einem Gefühl der Befriedigung und Reinheit zurücklässt und gleichermaßen Platz für Neues geschaffen hat.
Wann mir das zuletzt bewusst geworden ist? Als ich meine Social Media-Accounts aktualisiert und aussortiert habe. Auf einmal waren Themen, die mich vorher negativ beeinflusst haben, nicht mehr sonderlich präsent – weil weniger sichtbar! Daher mein Appell an alle: Kontrolliert eure Feeds, entscheidet selbstwirksam, wem ihr folgt und wem nicht. Wie Saralisa Volm es so schön bei ihrer letzten Lesung formulierte: „Folgt mehr Kunst und ihr werdet sehen, was das ausmacht!“
Was sie damit sagen wollte: Niemand zwingt euch perfekt trainierte Körper oder optimierte Tagesabläufe zu (ver-)folgen. Denn eins sollten wir nicht vergessen: Der Todfeind des inneren Friedens ist der Vergleich. Grenzen setzen fängt also schon auf Social Media und dem Zusammenstellen eurer „Feed-Bubble“ an.